Mit 3D-Software zum erfolgreichen Debüt als Comiczeichner
JongBeom Lee arbeitet Vollzeit als Comiczeichner. Mit Hilfe von 3D-Modellierungssoftware hat er die Branche erobert. Sein Debüt wäre ohne SketchUp nicht möglich gewesen, und seine Comic-Serie Dr. Frost konnte sogar die Aufmerksamkeit von Fernsehproduktionsfirmen auf sich ziehen. Mit seiner Leidenschaft fürs Storytelling und seiner Offenheit hinsichtlich seines bahnbrechenden Arbeitsablaufs stieß er eine technologische Revolution der koreanischen Comicbranche an.
Alle Bilder und Videos mit freundlicher Genehmigung von JongBeom Lee (wenn nicht anders angegeben).
Figuren aus der Comicserie „Dr. Frost“.
Für Künstler:innen war es noch nie einfach, Karriere zu machen. Wie lief das bei Ihnen ab? Hatten Sie anfangs Schwierigkeiten mit dem Konzept „Erfolg“?
Ich habe schon als Kind Comics gelesen und mit acht Jahren selbst angefangen zu zeichnen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich meine Werke anderen gezeigt habe, aber dann haben sich meine Freund:innen um meine Dragonball-Zeichnungen geprügelt. Das tat gut, weil meine Eltern deutlich kritischer waren. Mit genug Selbstbewusstsein war es dann ganz selbstverständlich, dass ich Comiczeichner wurde.
Weil das kein typischer Beruf ist, habe ich gar nicht erst versucht, mir Ratschläge einzuholen, und habe mich stattdessen auf meine Kunst konzentriert. Wenn ich damit zufrieden war, hat mich das motiviert, weiterzumachen. Zuerst hatte ich oft das Gefühl, dass in meinen Geschichten etwas Wichtiges fehlte – Hintergrundinformationen, überzeugende Figuren, gut entwickelte Handlungsstränge. Als ich mich dann an der Universität für ein Hauptfach entscheiden musste, nahm ich Psychologie. Dort lernte ich, wie ich Menschen und Kulturen analysiere, und das konnte ich dafür nutzen, die Handlung meiner Comics überzeugender zu gestalten.
Angefangen habe ich bei Webtoon, einer Online-Plattform für Comicleser:innen. Es ging nicht alles glatt, aber allzu schwer war es auch nicht, einfach weil ich jeden Tag Comics zeichne. Alle paar Wochen habe ich auch Verlagen neue Arbeiten geschickt. Erst kamen die Absagen, aber nachdem ich einem Verlag ganze zehn Episoden einer Geschichte gesendet hatte, rief er mich endlich zurück. Geld war mir nicht das Wichtigste: Ich wollte, dass meine Arbeit heraussticht und man mich dafür kennt. Die meisten unerfahrenen Künstler:innen haben nicht genug Selbstbewusstsein, glauben aber, dass sie finanziell erfolgreich sein können. Nur kommt man mit dieser Einstellung nicht weit. Die meisten geben irgendwann auf.
JongBeom Lees zweite Comicserie ist mit inzwischen vier Staffeln abgeschlossen. Hauptfigur ist Dr. Frost, ein genialer Psychologe, der nicht in der Lage ist, bestimmte Emotionen wie Sympathie oder Zuneigung zu empfinden. Mit Hilfe von Forschungsliteratur, Fallstudien und seinem Mentor will er sich endlich besser verstehen.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten?
Ich glaube, dass es meine Aufgabe als Künstler ist, das Leben meiner Leser:innen zu bereichern. Als Geschichtenerzähler sorge ich dafür, dass sie mit ganz anderen Dingen in Kontakt kommen und ihrem Alltag und ihren Routinen entfliehen können. Das ist ein tolles Gefühl.
Es ist unüblich, Comics in SketchUp zu entwickeln. Wie sind Sie darauf gekommen?
Früher gab es nur wenige Debütant:innen in der Comicszene. Viele mussten ihre Träume aufgeben, weil es so viel Arbeit war, detaillierte, realistische Hintergründe zu zeichnen. Es gab zwar einige Hintergrundkünstler:innen, die mit Verlagen zusammenarbeiteten, aber mir fehlte damals ohne Verlag das Geld. Und selbst, nachdem ich einige Jahre intensiv daran gearbeitet hatte, war ich einfach nicht zufrieden mit meinen Ergebnissen.
Als ich dann sah, wie ein Freund für ein Architekturprojekt mit SketchUp arbeitete, dachte ich, dass das auch die perfekte Lösung für mich sein könnte. Mit SketchUp kann man 2D-Zeichnungen und 3D-Modelle erstellen. Das war Wahnsinn! Ich habe mir SketchUp sofort heruntergeladen und angefangen zu lernen. Damals gab es nur wenige Tutorials. Um mich zu motivieren, habe ich verschiedene Dinge ausprobiert, ein Schlagzeug, ein Saxofon, ein Auto und einen Rucksack modelliert – all das, was ich mochte, mir aber nicht leisten konnte. Und ich habe mir die tollste Inneneinrichtung für mein Traumstudio ausgesucht und in SketchUp reproduziert. Ich benutze Style Builder, damit die Hintergrundskizzen gut zu meinen Zeichnungen passen. Für anorganische Materialien und eine konsistente Farbpalette nehme ich auch Photoshop.
„Früher gab es nur wenige Debütant:innen in der Comicszene. Viele mussten ihre Träume aufgeben, weil es so viel Arbeit war, detaillierte, realistische Hintergründe zu zeichnen. Nachdem ich zwei Jahre lang mit SketchUp geübt hatte, gab ich meine erste Comicserie namens Queen of Investment heraus.“
Ein Auszug aus dem Comic Queen of Investment, der sich als Erster mit dem Thema Finanzen beschäftigte.
Wie sieht Ihr Arbeitsablauf aus? Welche Vorteile hat SketchUp für Sie?
Ich beginne mit einer Entdeckungsphase, in der ich die Geschichte schriftlich festhalte, ganz ähnlich wie bei einem Filmdrehbuch, aber ohne die Formatierung. Dann kommt die Arbeitsphase. Für Comics entwickelt man ein Storyboard oder „Contis“ (Continuity Sketches) wie bei Animationsfilmen. Das ist bei Mangas der wichtigste Schritt, weil hier fast alle Elemente finalisiert werden. In dieser Phase wähle ich auch Bilder für den Hintergrund aus, die ich als Perspektive in SketchUp entwickle. Darein setze ich dann meine Figuren.
„SketchUp ist schnell und nützlich. Es regt meine Kreativität an und wirkt auf meine Ideen ein. Ich kann mir besser vorstellen, wie sich die Menschen in dem Raum bewegen, den ich entworfen habe. Dadurch wird meine Geschichte noch stärker und wirkungsvoll.“
Welche nativen SketchUp-Funktionen nutzen Sie am meisten?
Die Durchlaufanimation. Ich kann navigieren, mich umschauen und mir die Szene in den Köpfen der anderen vorstellen. Außerdem benutze ich die Funktion „Kopieren mit ‚Fläche abbilden‘“.
Ich weiß noch, wie ich vor sechs oder sieben Jahren auf der International Comic Artist Conference (ICC) eine Präsentation gehalten habe. Dort treffen sich Künstler:innen aus Asien, Südostasien und Südasien.
„Es waren mehr als 300 Teilnehmer:innen da, und das Publikum war verblüfft, als ich ihnen meine Arbeit in SketchUp zeigte. Gebäude, für die man üblicherweise mehrere Stunden Zeichenzeit brauchte, waren in fünfzehn Sekunden fertig. Ich habe einfach mehrere Kopien auf der vertikalen Achse erstellt, und schon stand das ganze Gebäude. So habe ich mehr Zeit, mich auf die Geschichte zu konzentrieren, statt Hintergründe zu zeichnen.“
Zuerst gab es Widerstand von traditionellen Künstler:innen, die meinten, dass man alles manuell zeichnen müsste. Aber fünf oder sechs Jahre nach dieser Veranstaltung kontaktierten sie mich erneut und fragten, ob ich ihnen SketchUp beibringen kann. Ich biete schon seit sieben Jahren Schulungen für koreanische Künstler:innen an.
„Es gibt einen riesigen Markt für Hintergrundkünstler:innen. Ungefähr 80 % davon sind meine Schüler:innen, die ihre Arbeiten im Internet verkaufen, genauso wie Stockfotos. Das ist zu einem Beruf geworden: SketchUp-Modeler für Comics!“
JongBeom Lee erstellt von Grund auf ein Haus und zeigt, wie es sich mit Style Builder in eine Comiczeichnung verwandeln lässt (YouTube LIVE).
Aus „Dr. Frost“ wurde in Korea eine Fernsehserie gemacht. Wie ist das passiert?
In Korea werden oft Filme oder Serien aus Webtoon-Comics gemacht, zum Beispiel „Hellbound“ und „All of Us Are Dead“. Bei Webtoon kann man sehr gut sehen, was dem Publikum gefällt. So ist eine Produktionsfirma auch auf meine Arbeit aufmerksam geworden.
Ich war anfangs in der Konzeptionsphase beteiligt, um dem Team zu helfen, meine Figuren richtig zu verstehen. Danach hat die Produktion übernommen.
„Was die künstlerische Komponente angeht, so haben sie sich aktiv auf meine SketchUp-Hintergründe bezogen. Sie haben nach meinen Dateien gefragt und die Hintergründe für die Serie reproduziert. Weil sie die Dateien hatten, ging das viel schneller als bei anderen Produktionen.
Eine Szene aus dem Comic „Dr. Frost“ und ein Standbild aus der Fernsehserie. Bildquelle: OCN.
Arbeiten Sie derzeit an neuen Projekten?
Ich versuche mich momentan an anderen Arten des Storytellings. Visuals sind nur ein Mittel zum Zweck. Webtoon entwickelt sich schnell weiter. Ob Storytelling, Zeichenstile oder Regiemethoden: Viele koreanische Künstler:innen erforschen neue Wege. Unity und Max sind derzeit die wichtigsten Programme. Ich beschäftige mich gerade damit, wie man mit Game-Engines Menschen duplizieren kann, um eine Menschenmenge zu erzeugen.
„Ich benutze gern Software. Für mich ist das wie ein Spiel. SketchUp ist wie meditieren. Wenn ich eine Absage aus einem Verlag bekomme oder eine Freundin mit mir Schluss machen, entwerfe ich neue Gebäude. Das beruhigt mich.“
Vor Kurzem habe ich ein Unternehmen gegründet und schaue, wie ich im Team und mit neuer Technologie mein Talent fürs Storytelling einsetzen kann.
Sie klingen schwer beschäftigt. Haben Sie Empfehlungen, was das Zeitmanagement angeht?
Ich selbst verfolge einen deduktiven Ansatz. Ich zeichne mir ein Bild dessen, was ich will, und setze mit meinem Alltag einen Rahmen. Die Realität ist hart. Wenn ich von der Realität ausgehend planen würde, bliebe ich in den Problemen der Realität stecken und würde glauben, dass ich nichts anderes tun kann, weil ich ja Comics zeichnen muss. Also stelle ich die Realität hintan und finde eine Möglichkeit, das zu erreichen, was ich will, auch wenn es erst einmal unmöglich scheint. Natürlich muss man ab und zu Dinge aufgeben, aber man kann viel mehr erreichen, als man anfangs denkt.
Welchen Ratschlag würden Sie Künstler:innen geben, die noch auf ihren Erfolg warten?
Ich finde ja, dass es nur noch wichtiger ist, hartnäckig zu bleiben, wenn man Hindernisse überwinden muss. Auch wenn das natürlich schwierig ist, weil man nicht weiß, wo die Ziellinie ist. Wenn man zum Beispiel einen Marathon läuft, ist klar, dass man es geschafft hat, sobald man 42 Kilometer hinter sich gebracht hat. Aber wenn man dieses fixe Ziel nicht hat, fällt es einem nur noch schwerer, auszuhalten.
Ich persönlich komme damit zurecht, indem ich versuche, mich selbst besser zu verstehen. Ich stelle mir Fragen, wenn ich etwas tue oder eine Entscheidung treffen muss. Wenn ich nicht weiß, warum ich etwas mache, bleibt alles vage, und es fällt schwer, nicht aufzugeben. Wenn ich an etwas arbeite, finde ich bewusst meine extremen Tief- und Höhepunkte. Ich beobachte mich selbst: Was kann ich nicht mehr aushalten? Womit kann ich weitermachen? Wenn ich all diese Punkte verbinde, kann ich meine Probleme lösen und auf meinem Weg bleiben.
Möchten Sie SketchUp auch einmal für Comiczeichnungen ausprobieren? Abonnieren Sie SketchUp oder lernen Sie es mit einer kostenlosen Testversion kennen.
Über JongBeom Lee
JongBeom Lee hat bereits zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem den „Korea Contents Awards Minister of Culture, Sports and Tourism Award“ und den „Readers Comics Award Online Manga Award“. Aus seiner Hand stammen drei Serien mit mehr als 460 Episoden sowie über 24 Bücher und Comics. Er bringt anderen Künstler:innen bei, Comic-Hintergründe mit SketchUp zu erstellen, was den koreanischen Arbeitsmarkt in diesem Bereich regelrecht revolutionierte. JongBeam Lee streamt regelmäßig YouTube-Live-Videos, um angehenden Künstler:innen technische Tipps und Karriereratschläge zu geben. Seine Lieblingscomics sind „Monster“ von Urasawa Naoki, „Parasyte“ von Iwaaki Hitoshi und „One Thousand and One Night“ von Yang Youngsoon.